Appell an DFB/DFL zum 10. Globale Klimastreik

Anlässlich zum 10. Globalen Klimastreik am 25. März habe ich nachfolgenden Brief an den DFB-Präsidenten Herr Neuendorf und an alle Vertreter*innen des DFB-Präsidiums, sowie an die Vorsitzende der DFL GmbH Frau Hopfen und an alle Vertreter*innen des DFL-Präsidiums gesendet. Der DFB hat sich zeitnah und ausführlich mit einer E-Mail zurückgemeldet. Von Seiten der DFL fehlt bislang eine Antwort. Deshalb habe ich mich entschlossen den Brief zu veröffentlichen:

Sehr geehrte Frau Hopfen,
sehr geehrter Herr Watzke,
sehr geehrter Herr Leki,
sehr geehrter Herr Schneekloth,

mein Name ist Michael Vogel. Ich bin ehrenamtlicher F-Jugendtrainer in einem kleinen Fußballverein in Frankfurt und schreibe Ihnen stellvertretend für die 15 Kinder meiner Mannschaft und für die 2,1 Millionen Kinder & Jugendlichen, die unter dem Dach des DFB Fußball spielen.

Vor ungefähr 4 Jahren habe ich den Deutschen Fußballbund und die Deutsche Fußballliga, sowie alle 36 Vereine der ersten und zweiten Bundesliga mit der Idee angeschrieben, für jeden Zuschauer zwei Bäume pro Spieltag zu pflanzen. Die Verbreitung einer kleinen Idee war für mich der Beginn den deutschen Profifußball bei seinen Bemühungen um ökologischer Nachhaltigkeit zu begleiten.

Von der DFL habe ich auf mein Schreiben bis zum heutigen Tag keine Antwort erhalten. Der DFB hat unter dem Präsidenten Fritz Keller das Thema Klimaschutz zwar aufgegriffen, aber leider nicht mehr forciert angegangen. Übrig geblieben sind lediglich Absichtserklärungen – wie der Beitritt zur „UN Sports for Climate Action Initiative“ im Januar 2020 und dem Beitritt zum Unterstützerkreis der Umweltinitiative „Sports for Future“ im November 2020. Zwischendurch hat u.a. auch „Die Mannschaft“ mit ihrem Kurzstreckenflug von Stuttgart nach Basel im September 2020 verdeutlicht, dass ökologische Nachhaltigkeit im deutschen Fußball weder im Denken noch im Handeln seinen Platz gefunden hat.

Die DFL hat im Zuge der Corona-Pandemie mit der Taskforce Zukunft Profifußball ein sehr ambitioniertes Projekt begonnen. Leider spiegelt der Abschlussbericht nicht die Diskussionen, Inhalte und Ideen der Teilnehmer wieder. Die Gefahr besteht, dass die Handlungsempfehlungen der AG Nachhaltigkeit aufgrund der finanziellen Belastungen der Vereine im Zuge der Pandemie nur unzureichend sein werden.

Es ist klar, dass die durch den Fußball verursachten Emissionen im Vergleich zu anderen Bereichen relativ gering sind. Aber der Fußball sendet seit Jahren täglich Signale an seine Fans und an die Gesellschaft, die nicht anders interpretiert werden können, als „ein weiter so wie bisher“.

Eines Tages werden die jungen Menschen fragen: „warum haben Sie so lange gezögert?“ „Warum haben Sie nicht die Strahlkraft des Fußballs genutzt, um das Thema Klimaschutz in der Mitte der Gesellschaft zu positionieren?“

In Sachen Klimawandel läuft bereits die 89. Minute. Der Gegner führt 1:0. Die Uhr läuft unerbittlich. Es gibt derzeit kein Hinweis, wie viel Nachspielzeit es geben wird. Im Prinzip müsste jetzt alles nach vorne geworfen werden, um zu mindestens eine Verlängerung zu erreichen.

Im Fußball wird viel über Verantwortung gesprochen. Es wird Zeit, dass sich der Profifußball dieser Verantwortung stellt und zeitnah umfangreiche Maßnahmen ergreift.

Mit sportlichen Grüßen,

Michael Vogel

Während die DFL weiter schweigt, habe ich vom DFB am 13.April eine Antwort per E-Mail erhalten:

Angesichts der ernüchternden Antwort habe ich einen weiteren Brief an den DFB-Präsidenten Herr Neuendorf und an alle Vertreter*innen des DFB-Präsidiums gesendet:

Sehr geehrter Herr Neuendorf,

herzlichen Dank für die Weiterleitung meines Briefs an Ihr CSR-Team. Eine E-Mail mit einer ausführlichen Antwort habe ich am 13. April erhalten. Somit steht es 5:0 zwischen dem DFB und der DFL, die schon wieder nicht geantwortet hat.

Leider haben sich die Inhalte in diesem Schreiben gegenüber den anderen vier Antworten aus den Jahren 2018, 2019, 2020, 2021 nur marginal geändert. Bei der ersten wirklich ernstzunehmenden Antwort aus Ihrem Haus im März 2019 wurde bereits über die Nachhaltigkeitsziele der EURO 2024 berichtet – dieses Thema steht in der Antwort vom 13. April wieder zentral im Mittelpunkt. Nebenbei erfährt man, dass der DFB schon seit 2020 jährlich seinen CO2-Fußabdruck erhebt. Es fehlen Ergebnisse dieser Erhebungen und ein Maßnahmen-Katalog inklusive einer Roadmap. Abgerundet wird der Brief mit einer Werbung für einen Autohersteller und den Ausblick auf Planungen zu einzelnen Aktionsspieltagen im Rahmen von DFB-Wettbewerben ohne ins Detail zu gehen. In Sachen ökologischer Nachhaltigkeit ein schwaches, beschämendes Ergebnis für den weltgrößten nationalen Sportfachverband der Welt.

Seit 2019 wurden dutzendfach Chancen versemmelt. Anstatt es besser zu machen, wurde es nur noch schlimmer – der Ball wurde sogar mehrfach im eigenen Tor versenkt. Kein Aufbäumen, keine Körperspannung, kein Elan, keine Ideen und kein Wille – so habe ich es wahrgenommen.

Eine unvollständige Mängelliste:

DFB-Reisen:
Im September 2020 flog „Die Mannschaft“ von Stuttgart nach Basel (240km) – im März 2022 von Frankfurt nach Amsterdam (440km), anstatt die Strecken mit dem Bus oder Zug zurückzulegen.
Im April 2022 wurde vermeldet, dass der Bundestrainer Hansi Flick seine Spieler in Vorbereitung auf die NationsLeague für 4 Tage im Mai in Spanien zum Kurztrainingslager zusammenruft. Ein Blick auf die Karte allein hätte genügt, um ökologischen Irrsinn zu erkenne
n.

Umgang mit Ressourcen:

Die Coronazeit war für die Spieler und Verantwortlich sicherlich sehr trist. Jedoch darf das nicht als Argument dienen, das Stadion unnötigerweise mit einer Plastik-Choreo vollzustopfen.

Jogis JungsInnsburger Tivolistadion im Juni 2021, „„Ein Team“ und „Ein Ziel““ Stadion in Duisburg im März 2021, „„Wir für euch“ und „Ihr für uns““ Leipziger Stadion im November 2020 sind Beispiele für eine immense Ressourcenverschwendung mit zig tausenden Quadratmeter an Plastikfolie.

Nicht zu vergessen, ein Sichtschutz zum Trainingslager im Vorfeld der EURO 2020, der wohl kaum wiederverwendet wird, da das Design und die Karrieren der Nationalspieler einer gewissen Halbwertszeit unterworfen sind.

Reformen der europäischen Wettbewerbe:
Der DFB hat den Reformen der europäischen Wettbewerbe vorbehaltlos zugestimmt und hat damit eine massive Erhöhung der Anzahl an Spielen in Kauf genommen. Alle 3 UEFA-Wettbewerbe (Champions League, Europa League, Conference League) werden in der aktuellen Saison 2021/22 zusammen in über 410 Spielen ausgetragen. Ab der Saison 2024/25 werden es durch die neuen Reformen über 510 Spiele sein. In der Champions League Saison 2018/19 verursachte allein die Fanmobilität pro Spiel im Durchschnitt über 2.400t CO2. Treten Sie dafür ein, dass die UEFA Conference League ersatzlos gestrichen und die Champions League & Europa League ausschließlich im K.-O.-System ohne Rückspiel mit je 32 Mannschaften ausgetragen wird.

DFB-Trikots/Fanartikel:
Es wäre ein leichtes Unterfangen gegenüber den Herstellern auf ökologisch und fair produzierte Trikots und Fanartikel zu bestehen. Das Trikot der Frauen-Nationalmannschaft wird zwar aus Plastik gefertigt, welches aus dem Meer gefischt wurde – jedoch reicht das allein nicht mehr aus. Die Menschen sollen schließlich auch von ihrer Arbeit leben können. Sie äußerten neulich den Wunsch, dass „der Sport in Europa dem Allgemeinwohl dienen soll, nicht den Interessen weniger“ (Zitat – Bernd Neuendorf, 9. Mai EuroJam). Ich hoffe, dass Ihre Aussage auch die anderen Kontinente mit einschließt.

Fan-Mobilität:
Zu zahlreichen DFB-Wettbewerben gab und gibt es kein ÖPNV-Kombiticket. Das Länderspiel am 07. Juni gegen England in München und das DFB-Pokalfinale am 21. Mai in Berlin sind aktuell zwei Beispiele. Wenn man sich die ökologische Nachhaltigkeit auf die Fahne geschrieben hat, dann sollte man wenigstens die Basics beherrschen und das zu jedem Spiel & nicht erst zu Aktionsspieltagen oder zur Europameisterschaft in 2 Jahren.

Ich bin mir absolut sicher, dass Ihr CSR-Team hunderte Ideen in der Schublade hat, die weit über das Pflanzen von 300 Bäumen im Wald von Mörfelden-Walldorf hinausgehen. Geben Sie Ihrem kreativen CSR-Team alle Freiheiten, damit die Chancen zukünftig auch mal zu Ende gespielt werden. Handeln Sie bitte im Interesse aller 2,1 Millionen Kinder & Jugendlichen, die unter dem Dach des DFB Fußball spielen!

#KlimaschutzIstTeamsport

Mit sportlichen Grüßen,

Michael Vogel

Trainer F-Jugend