Verbindlicher Klima- und Umweltschutz im Profifußball
USA-Tour als EM-Vorbereitung?
Sehr geehrter Herr Rettig,
mein Name ist Michael Vogel. Ich bin ehrenamtlicher E-Jugendtrainer in einem kleinen Fußballverein in Frankfurt und schreibe Ihnen stellvertretend für die 18 Kinder meiner Mannschaft und für die 1,1 Millionen Kinder & Jugendlichen, die unter dem Dach des DFB Fußball spielen.
Vor ungefähr 5 Jahren habe ich den Deutschen Fußballbund und die Deutsche Fußballliga, sowie alle 36 Vereine der ersten und zweiten Bundesliga mit der Idee angeschrieben, für jeden Zuschauer zwei Bäume pro Spieltag zu pflanzen. Die Verbreitung einer kleinen Idee war für mich der Beginn den deutschen Profifußball bei seinen Bemühungen um ökologischer Nachhaltigkeit zu begleiten.
Von der DFL habe ich auf mein Schreiben bis zum heutigen Tag keine Antwort erhalten. Der DFB hat unter dem Präsidenten Fritz Keller das Thema Klimaschutz zwar aufgegriffen, aber leider nicht mehr forciert angegangen. Übrig geblieben sind lediglich Absichtserklärungen – „UN Sports for Climate Action Initiative“ (Januar 2020), „Sports for Future“ (November 2020) und die Ermittlung von CO2-Emissionen im Jahr 2021/2022, deren Ergebnisse bis heute nicht veröffentlicht wurden. Seit Jahren wird die Euro 2024 als das Prestige-Projekt in Sachen ökologischer Nachhaltigkeit des DFB angepriesen. Von anderen notwendigen Maßnahmen, die in der Zwischenzeit greifen sollen, hört und sieht man dagegen nichts.
Vielmehr sendet der Fußball täglich Signale an seine Fans und an die Gesellschaft, die nicht anders interpretiert werden können, als „ein weiter so wie bisher“.
Die deutsche Umwelthilfe hat im Oktober 2022 aufgedeckt, dass für das Leder unserer Fußballschuhe, u.a. auch von Adidas, der Regenwald brennt [1]. Eine Reaktion oder Stellungnahme des Herstellers oder des größten deutschen Werbeträgers – der Nationalmannschaft – ist bis heute ausgeblieben. Auch bei meinen Gesprächen mit dem DFB-Kommissionsvorsitzenden für Nachhaltigkeit Björn Fecker im November 2022 wurde das Thema der intransparenten Lederlieferketten von Adidas stillschweigend übersprungen.
Die UEFA-Reform der europäischen Vereinswettbewerbe wurde im April 2021 mit Zustimmung des DFB durchgewunken. Mit dieser Entscheidung werden in der Saison 2024/25 inklusive der Qualifikation erstmals über 900 Spiele in der Champions League, Europa League und Conference League ausgetragen.
Ein Kurzstreckenflug der Nationalmannschaft von Stuttgart nach Basel im September 2020 mit anschließendem Shit-Storm hat nicht ausgereicht, um ein 4 tägiges Kurztrainingslager im Mai 2022 in Vorbereitung auf die NationsLeague zu verhindern. Ein Blick auf die Karte hätte genügen müssen, um den ökologischen Irrsinn zu erkennen.
Die Einsicht und Demut der DFB-Planer hat wohl eine Halbwertszeit von wenigen Monaten. Und jetzt reist die DFB-Elf im Oktober in Mitten einer EM-Vorbereitung in die USA. Die Reise ist sportlich, wie auch ökologisch, absolut unsinnig.
Im Fußball wird immer viel über Verantwortung gesprochen. Es wird Zeit, dass sich der Profifußball dieser Verantwortung stellt und zeitnah umfangreiche Maßnahmen ergreift: wie zum Beispiel der ersatzlosen Streichung der sportlich unsinnigen Relegation zur 1. und 2. Bundesliga.
Ich würde mich freuen, wenn Sie das Thema der Klimakrise bei den Planungen von Trainingslagern und Testspielen der Nationalmannschaften einen höheren Stellenwert einräumen, als das bisher vom DFB der Fall war.
Wir haben keine Zeit mehr!
Mit sportlichen Grüßen,
Michael Vogel